Episode 70: Zu normale Durchschnittspaare (Juli 2008)
Merkwürdigerweise ist gerade unter den genormten Normalbürgern der
individuelle Glaube groß, man sei – eigentlich – etwas Besseres, müsste
sich – eigentlich – gar nicht mit den anderen Durchschnittsbürgern
abgeben. Denn wer will als Durchschnittspärchen schon auf eine Party
gehen, die Heinz und Conny veranstalten und auf die (nur)
Krethi und Plethi kommen!?
Diese einfachen Leute sollen aus dem Alten Testament stammen. Freilich
steht in den meisten aktuellen Bibelübersetzungen im 2. Buch Samuel (Kap.
8, 18) nur noch etwas von „Kretern und Pletern“ (u.a. Luther 84) oder
„Keretern und Peletern“ (Einheitsübersetzung), die jeweils einem gewissen
Benaja zu gehorchen hatten, der vorgeblich Befehlshaber der
Leibwache des David genannten Königs war. „Hoffnung für Alle“ hat
deshalb kurzerhand und konsequent das ominöse Kreter-Pleter-Team einfach
gestrichen und durch „die Leibwache des Königs“ bzw. „königliche
Leibwache“ ersetzt, die „Gute Nachricht Bibel“ durch die „Leibgarde
Davids“ bzw. „königliche Leibgarde“.
So kann man auch Probleme erledigen; die restlichen Bibelinterpreten haben
dagegen einfach unterstellt, dass Kreter und Pleter – wie der Kollege Goliath
– philistäischer Abkunft waren und quasi als Fremdenlegionäre Davids
Leibwache bildeten.
Tatsächlich besiedelten die Philister in einem Fünfstädtebund die
südwestliche Küstenebene des folgend nach ihnen benannten Palästinas und
lieferten sich (schon damals) mit den Israeliten permanente
Gebietsstreitigkeiten. Obwohl heute die kretische Herkunft des um 1.200
v.Chr. angelandeten Seevolkes in Betracht gezogen wird, hat der biblische
Krethi/Kreter/Kereter wohl direkt etwa soviel mit der griechischen
Ferieninsel Kreta zu tun wie der biblische Plethi/Pleter/Peleter mit einem
heutigen Palästinenser.
Wie die Figur des Davids ist die Haltung von Leibwächtern, die aus
chronisch verfeindeten Nachbarvölkern stammen, sowieso äußerst fragwürdig.
Deshalb wird als bessere, israelische Erklärungsalternative vorgeschlagen,
„Krethi“ und „Plethi“ von den hebräischen Begriffen für „ausrotten, töten“
bzw. …
…
…
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Versionsgeschichte:
Erstveröffentlichung im GAllI-Allgemeinbildungsmagazin Nr. 72 / Juli 2008,
S. 26 ff.
Durchgesehene, von Fußnoten befreite E-Book-Fassung vom 07.01.2015 (cboth0708ep70v0).