E-Buch-DeckblattRedewendungen Es werde Flut!

Episode 59: Es werde Flut! (Juni 2006)

Manchmal muss man einfach alle Programme beenden, den Rechner komplett runterfahren und dann noch einmal neu booten; eventuell ist gar eine komplette Neuinstallation des Betriebssystems und sämtlicher Programme angesagt, damit der Rechner wieder einigermaßen läuft.
So oder so ähnlich muss man sich das mit der Sintflut vorstellen, mit der laut Altem Testament der oberste Christenboss seiner missratenen Erfindung noch einen Neustart, eine weitere Chance gönnte – dazu musste der Herr zunächst alles Lebendige elendig ersaufen lassen: „Und er sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, vom Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; denn es reut mich, daß ich sie gemacht habe.“ – war also doch nicht so „gut“ wie vorher behauptet.
Wie immer gibt und gab es von der Regel, alle umzubringen, Ausnahmen (über Fisch & Co. hinaus). Aber ganz sicher nicht zu den wenigen Auserwählten gehören regelmäßig Otto Normalsünder wie Sie und ich; deshalb ist es uns auch schnurz (und piepe), was später geschieht: Nach uns die Sintflut!, rufen wir wie eine verzogene französische Göre trotzig aus und leben auch dermaßen, denn wir wollen jetzt, hier und heute Spaß haben! Schon was morgen kommt ist schnuppe, jegliche (langfristigen) Konsequenzen sind uns schnurzpiepegal, denn eine Zukunft kann einem ja nur gleichgültig sein, wenn man in ihr gar nicht mehr vorkommt! Sollen doch andere unsere (Unterwasser-)Trümmer wegräumen, wenn wir die Erde nicht ertränken, dann macht’s irgendwer anders! Außerdem wird der Blaue Planet [siehe Episode 48] dann wenigstens seinem Namen hundertprozentig gerecht!
Bei Einzelkämpfern, die wenigstens die alleinige Verantwortung für die Weltvernichtung übernehmen und sich nicht wie der Kleingeist/-bürger immer in der Gruppe verstecken, lautet die Bekundung, dass einem alles Folgende piepegal ist: Nach mir die Sintflut!

Die Herkunft von „schnurz“ mit der Bedeutung „einerlei, unwichtig“ und „egal, gleichgültig“ ist unklar; es wird spekuliert, dass der für die erste Hälfte des 19. …

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Versionsgeschichte:
Erstveröffentlichung im GAllI-Allgemeinbildungsmagazin Nr. 61 / Juni 2006, S. 35 ff.
Durchgesehene, von Illustrationen und Fußnoten befreite E-Book-Fassung vom 13.03.2013 (cboth0606ep59v1).