Episode 57: Niemals! Und schon gar nicht feiertags! (Februar 2006)
„Pfingsten, das liebliche Fest, war gekommen!“ Da freut sich der
Werktätige, der zwar in der ungebildeten Standardausführung sicherlich
nicht weiß, dass so Goethes „Reineke Fuchs“ (1794) beginnt und
dass Pfingsten das christliche Fest der Ausgießung des Heiligen Geistes
auf die Jünger am 50. Tag nach der Auferstehung des legendärsten aller
Bauhandwerker ist, aber, und nur dieses Faktum ist fürs praktische Leben
wichtig, dass dann der Montag automatisch – auch ohne routiniertes Bläuen
[vgl. Episode 46] – frei ist. Und sollte es diesbezüglich eventuell zur
Nachfrage bzw. Nachhilfe kommen oder sogar gedanklich mit der Abschaffung
„des lieblichen Festes“ gespielt werden, dann entdeckt der flexible
Arbeitnehmer flink seine latente, regional anpassbare Religiosität, denn:
Die Leute glauben an das, was vor Ort die meisten Feiertage bringt.
Der gewiefte Werktätige meint dann sogar gehört zu haben, dass (freies)
Pfingsten irgendwas mit der Gründung der christlichen Kirche zu tun gehabt
hätte!? Und das müsste doch locker als Begründung für mindestens einen
zusätzlichen freien Tag reichen!?
Gleichwohl wird der Arbeitnehmer-„Glaubenskampf“ um das längst vom
dörflichen Brauchtum überstrahlte Pfingsten weitaus härter ausfallen als
das (letzte) Gefecht um das zuvor stattfindende Ostereierfest. Dieses
spielt im offiziellen Christentum nämlich die weitaus größere Rolle und
deshalb werden die Arbeitgeber es als allerletztes (dann aber
wahrscheinlich gleich zusammen mit dem Sonntag) abschaffen können – der
Ostermontag wird folglich noch längere Zeit frei bleiben, um bunte Eier zu
suchen und Osterfeuer abzubrennen. Reiner …
…
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(Kindle-Ausgabe)
Versionsgeschichte:
Erstveröffentlichung im GAllI-Allgemeinbildungsmagazin Nr. 59 / Februar
2006, S. 31 ff.
Durchgesehene, von Illustrationen und Fußnoten befreite E-Book-Fassung vom
20.03.2013 (cboth0206ep57v0).