E-Buch-DeckblattRedewendungen Faden(scheinigkeiten)

Episode 40: Faden(scheinigkeiten) (Juli 2003)

In dieser Abhandlung geht’s vornehmlich ums Weben, aber vorher wird (wie gewohnt) ordentlich gesponnen, sich zunächst der Herstellung der zu verwebenden Fäden gewidmet. Das Weben definiert mein Taschenlexikon als die „Herstellung textiler Flächengebilde durch rechtwinkelige Verkreuzung zweier Fadensysteme (Kett- und Schussfäden) nach den Regeln der Bindungslehre“. Bei der unstatthaften Missachtung der „Regeln der Bindungslehre“ oder bei der auf exzessive Benutzung folgenden Stoffabnutzung wird das „textile Flächengebilde“ fadenscheinig – das Gewebe wird dünn, man kann eventuell sogar schon durchschauen.
Diese leichte Durchschaubarkeit ist auch bei so mancher Person und Konzeption gegeben, sodass das Adjektiv des Öfteren im übertragenen Sinne Anwendung findet. Fadenscheinige Argumente sind insbesondere bei Lobbyisten beliebt, die doch immer nur altruistisch die Welt retten wollen und für die Eigennutz, Gier, Porsche und Skrupellosigkeit selbstverständlich Fremdworte sind.
Aber zum Glück gibt es nicht nur solcherlei professionelle Diener des Mammons [siehe Episode 17], sondern auch grundanständige abhängig Versklavte, die sich ihren Unterhalt noch mit ehrlicher Hand- und Webarbeit verdienen (müssen). Obwohl der vollautomatische Webstuhl schon längst erfunden ist, soll es vielerorts noch fleißige Kinderhände geben, die manuell hässliche Teppiche für dekadente Westhaushalte knüpfen und sich nicht – wie unsere unnützen, unproduktiven Wohlstandsgören – mit überflüssigem Zeug wie dem Schulbesuch oder der Sendung mit der Maus aufhalten. …

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Versionsgeschichte:
Erstveröffentlichung im GAllI-Allgemeinbildungsmagazin Nr. 42 / Juli 2003, S. 15 ff.
Durchgesehene, von Illustrationen und Fußnoten befreite E-Book-Fassung vom 02.06.2015 (cboth0703ep40v0).